Wichtiger Hinweis:
Ein Best-Of dieses Abends könnt ihr euch am Mittwoch, den 4. Juli 2007, um 20 Uhr anhören, in der Radiosendung „Wort ab“ auf Radio Z, im Raum Nürnberg zu empfangen unter Frequenz 95,8. Natürlich geht’s auch ganz einfach (und weltweit) über Internet-Livestream, einfach dem Radio-Z-Link links folgen. Wie immer charmant moderiert von Manuel Siegert.
Zum Juni-Slam:
Anfangs noch etwas beunruhigt ob des hochsommerlichen Wetters mit strahlendem Sonnenschein bei wolkenlosem Himmel, registrierten wir bereits eine Stunde vor Beginn hocherfreut, dass der Laden schon voll war. Logischerweise ist es dann richtig eng gewesen, als es los ging. Den zweiten Monat in Folge erschien also das Publikum trotz Sonne und Hitze „vollzählig“ – vielen Dank, das stellt wirklich ein großes Kompliment für uns dar!
Nicht weniger eng war es bei Veranstaltungsende auf der Bühne, als alle Poetinnen und Poeten des Abends noch einmal auf die selbige kamen. 14 Teilnehmer fanden sich auf unserer Liste, wovon 2 allerdings Auftritts-Duos waren. Machte zusammen 16 Slammer on stage, plus eine junge Frau namens Steffi, die außerhalb des Wettbewerbs spontan ein begeistert aufgenommenes Statement zur Lage der Nation verlas. Nach Adam Riese sah man also fast 10 Prozent aller Menschen im Raum auf der Bühne vortragen – Respekt!
Der quantitative Aspekt wurde jedoch vom qualitativen eindeutig überstrahlt. Selbst wir vom ORGA-Team, die wir ja mittlerweile 54 Slams gezeitigt haben, waren von den poetischen Leistungen dieser Show verblüfft und entzückt, dieser Abend hatte alles, auch von Seiten der Wettbewerbsteilnehmer kam unisono ein Echo positiven Erstaunens, denn jeder einzelne Vortrag war klasse, Totalausfälle oder Verteter der Kategorie „ferner liefen“ suchte man vergeblich. Von abgründiger Tragik über augenzwinkernde Alltagsansichten und politische Bestandsaufnahmen bis hin zu geistreichen humoristischen Exkursionen war wieder alles dabei.
Den schwierigen Anfang gekonnt machte der textlich stets außergewöhnliche Tommy Jakob (Erlangen), der mit seiner angenehmen Erzählstimme die Zuhörer hineinführte in Psyche und Motive eines pflastersteinbewehrten G8-Gipfel-Störers, Marta D. Bednarczyk (Nürnberg) folgte mit komödiantischer Prosa, die sich um den mühevoll versuchten Ausgleich des himmlichen Soll/Haben-Kontos durch gute Taten drehte, und ritt damit harte Attacken auf die Zwerchfelle speziell der Zuschauerinnen auf der linken Seite (von der Bühne aus gesehen), wir hoffen, niemand hat sich dabei ernstlich verletzt, auch wenn es so klang. Vivien (Erlangen) hingegen schlug in die romantische Kerbe und bezeugte mit blumigen Worten und sexy Stimme die beträchtliche Tragweite ihrer Gefühle in der „2. Liebeserklärung“ ihres Lebens. Commandante Grimm (Stuttgart) donnerte uns ein sprach- und sprechgewaltiges Manuskript mit der in die Gegenwart verpflanzten griechischen Tragödie von Herakles und Tusnelda zum Inhalt direkt aus seinem Notizbuch vor den Latz, wie immer zogen vor allem die am Wettbewerb teilnehmenden Poeten den Hut vor seinen Fähigkeiten. Als Überraschung des Abends erwies sich die Bühnendebütantin Ines Schmidts (Erlangen), die uns derart lässig zwei Betrachtungen der Themen Glückseligkeit/Religion und Freaks/Quoten servierte, dass sie damit prompt und völlig zu Recht ins Finale sympathisiert wurde. Hoffentlich sehen wir Dich noch öfter, Ines! Perfekt einstudiert und aufgeführt präsentierten hernach Pauline Füg (Eichstätt) und Tobias Heyel (Dresden) als erstes Duo des Abends einen virtuosen Sprechakt inklusive szenischer Einlage; das Grauen hinter dem grauen Alltag und die dem gegenüber einflusslose Position der schreibenden Zunft wurden hier genauen Blicks aufs Korn genommen. Der Finaleinzug war vorprogrammiert. Schlumpf (Nürnberg) drehte die Stimmung anschließend auf buchstäblich todernst, mit viel Pathos machte er schwerwiegende seelische Wunden beinahe körperlich spürbar und erzählte eine Geschichte von Verzweiflung, Gewalt und Tod. Väterchen Frost (Erlangen) nahm uns dafür mit auf ein heiteres Story-Zapping-Abenteurer, bei dem er sich fingerschnippend durch verschiedene Erzählstränge bewegte. Elfi Klinik (Erlangen) hangelte sich ruhig und fließend durch mannigfaltige Vergleiche zum Zwecke gravierender Liebesbezeugung und ließ es in tragischen Anklängen ausklingen. Christof Knüsel (Stuttgart) strapazierte daraufhin unsere Lachmuskeln beinahe über mit einer bombastisch lustigen Zukunftsvision, in welcher es zu jeder Sekunde stets fünf vor zwölf war. „Was haben wir gelacht!“ Finale, logisch. Als krassen Kontrast fuhr das Team Schreibstoff, bestehend aus Felix Brenner (Bamberg) und Nils Rusche (Bamberg), einen rhythmisch ausgefeilten Fingerzeig auf das harte Thema „Sexueller Missbrauch von Kindern“ auf, konsequent von Anfang bis Ende und durchgehend packend. Ganz ohne Text stieg Matthias Istel (Nürnberg) auf die Bühne, nutzte seinen langjährige Improtheater-Erfahrung für eine anhand von Worteinwürfen aus dem Publikum gestrickte Geschichte, die sich dann mit einem lachenden und einem weinenden Auge um die Begegnung mit dem Obdachlosen „Charles“ drehte. Markus Köhle (Wien) erwies sich als wortgewaltigster Teilnehmer im Wettbewerb und legte eine fulminante romantisch-komische Brandrede hin, um die verlorene Freundin wieder zurück zu gewinnen, wobei er auf beeindruckende Art und Weise sämtliche Register bildhafter Sprache zog. Solch eindrucksvolle literarische und performative Leistung wurde selbstverständlich mit Finalteilnahme geahndet. Das letzte Wort im Wettbewerb hatte Axel (Erlangen), der mit seinem „Hypocrisy Rap“ trotz schwerem Stand durch Startnummer 14 durchaus zu überzeugen wusste.
Ein bombastisches Vierer-Finale gab es am Ende dann zu sehen, mit einer immer noch supercoolen Ines Schmidts, einer weiteren Killer-Performance von Pauline Füg und Tobias Heyel, einem weiteren dramatischen Zwerchfellbelastungstest von Christof Knüsel und schließlich mit einer faktischen Glanzleistung von Markus Köhle, der ein amoröses Krankenhausabenteuer bunt und facettenreich zum Besten gab, wobei aber als Clou jedes Wort entweder mit den Buchstaben „d“ oder „t“ begann, welche bei dem in seiner österreichischen Herkunftsregion gesprochenen Dialekt aber immer gleich (wie „d“) klingen. Diese Idee ist ja an sich nicht neu, aber derart ungezwungen und farbenfroh inszeniert hatte man sie noch nicht gesehen. Und so hatte Markus Köhle dann auch in diesem starken Finale eine Nasenlänge Applausvorsprung und ist somit der verdiente Sieger des Juni-Slams 2007. Gratulation! Ein Dankeschön an alle Poetinnen und Poeten, behalten wir uns diesen wunderschönen Abend in Erinnerung. Nach einer kurzen Sommerpause geht es am Sonntag, den 23. September 2007, weiter mit dem Erlanger Poetry Slam.
Bis dann!