Eine bekannte Technik zur Rekapitulation der Inhalte eines Poetry Slams vor der Abstimmung stellt die Stichwortsuche dar – warum also nicht den gestrigen Slam im E-Werk auch genauso beschreiben?
Kleine Männchen
Ein kleines Männchen, das auf einem Motorrad in Grashalmen verschwand, kam in Märchensprache ausgefeilt bei Peter Bähr vor, der inzwischen für in kreativer Absurdität angesiedelte Fantasietexte bekannt ist. Zuvor hatte Finalist Thomas Schmidt, aufgrund eines Satzes von Christine Haderthauers die Euphemismuszwerge entdeckt, die das tatsächliche Elend wortgewandt verschleiern. Und auch Max Schulle, der den Anfang machte, musste sich mit kleinen Männchen herumschlagen — in Form von „Kindern aus dem Paradies“, die sich seinen Erfahrungen als Ferienbetreuer nach nicht ganz so paradiesisch verhalten. Da wären beispielsweise der selbstmordgefährdete Samuel oder Bitch Jessica zu nennen.
Bitches
Mit einer Bitch siegte außerdem Tobias Schmolke aus Bayreuth, mit der BWL-Bitch nämlich, die eine immense Zahl an Textmarkern besitzt und ihre Wimperntuschefarbe mit dem Innenfutter der Handtasche abstimmt. Nicht allzu klischeehaft wurde es durch eine ordentliche Portion Selbstironie, die er in seinem ersten Text bei seiner Beschreibung als pädophiler Nazi, der im Bus für eine Frühgeburt und einen Todesfall sorgt, auf die Spitze getrieben hatte. Ein bisschen Bitch war dann auch Kathi Mock, wenn sie im Finale ihr Verhalten gegenüber einer nervigen Freundin unter Verwendung zahlreicher rückübersetzter Anglizismen, wie „Nackenträgeroberteil“, beschrieb.
Death Metal
Zuvor hatte sie im Rahmen der Reihe Was ist Kunst? überzeugend über Death Metal informiert und war mikrofonzerstörend von der Bühne gerauscht. Das wäre Kid Wolkenkratzer, die für die musikalische Untermalung des Abends sorgten, und eher im Bereich des deutschsprachigen Softrocks anzusiedeln sind, garantiert nicht passiert. Musik kam außerdem von klingenden Becken, wenn die Zeit überschritten wurde. Sie gehören zum neuen Instrumenteninventar, mit dem der Ablauf der 7-Minuten-Begrenzung angekündigt werden kann, nachdem es keine Hupe mehr gibt (Reflex berichtete).
Königreich für Schokolade
Ein Stichwort, das noch erwähnt werden muss, weil Debbie Schefoer in ihrem Mitmachtext der Schockeffekt sehr gut gelang: Hatte das Publikum zu Beginn noch eifrig „ein Königreich für Schokolade“ gerufen, so bekam das Stichwort nach der Erwähnung der schokoladenherstellen-den Kinderarbeiter, nur noch von ihr ausgesprochen, einen unerträglichen Beigeschmack.
Stimmung und Inhalte also unterschiedlichst und vielfältig — wie zusammenhangslose Stichwörter, die in einer Rezension zusammengefügt werden. Zum nächsten Mal im E-Werk wieder am 15. Dezember.
Vera Podskalsky
Bilder des Abends