Jetzt sind wir also angekommen im zehnten Jahr unseres Bestehens, feierlich eingeläutet vom Poetry Slam Spezial „Die Nacht der Champions“. Und eine herausragende Show ist doch das schönste Geburtstagsgeschenk…
Zehn außergewöhnliche Künstler sind unser Rezept dafür gewesen, zwei im Rahmenprogramm, acht im Wettkampf, der diesmal durch ein erstmals eingesetztes K.O.-System im Cup-Modus besonders hart daherkam. Wer sich hierbei gegen wen durchsetzen konnte (teilweise nur mit hauchdünnem Applausvorsprung), könnt ihr unserem Schaubild entnehmen.
„Eine großartige Show war angekündigt worden, eine großartige Show wurde geliefert.“ So schrieben die Erlanger Nachrichten in ihrer Nachberichterstattung zum Jubiläumsslam. Wir hoffen, unsere Zuschauer teilen diese Ansicht – wir selbst als Veranstalter jedenfalls waren hochzufrieden mit unserem „Geburtstag“. Denn anders als im Vorjahr gab es diesmal keine 13-köpfigen Musik-Acts und wilde Gruppenperformances auf der Jubiläumsbühne, stattdessen sollte der Fokus ein auf den einzelnen Slampoeten und ihren Texten und stilistischen Ansätzen liegen.
Und fürwahr, dem Abend mangelte es nicht an Inhalt. Daher im Folgenden nur ein kurzes repräsentatives Streiflicht über die Teilnehmer, die ja teils mehrfach in Erscheinung traten.
Paul Weigl aus Berlin verlangte es nach klärender Aussprache mit den Protagonisten allseits bekannter urbaner Legenden und v.a. durchs Internet kolportierter verrückter Gerüchte. Die Bambergerin Clara Nielsen sendete aus dem Baumhaus ihrer Kindheitserinnerungen und spiegelte die Kommunikationskultur der Gegenwart an ihren eigenen Vorstellungen von Glück und Zufriedenheit. Der Hanseat Nico Semsrott mimte den ewig lamentierenden und obendrein stilecht kapuzinierten Under-Underdog und verwandelte den Status „phlegmatisch“ in ein greifbares Gefühl. Christian Ritter aus Würzburg glänzte mit einer dioxin-schwangeren Episode aus einem fiktiven 2er-WG-Alltag, in der bis auf die Eier des Todes all die unzählbaren Bedrohungen für Leib und Leben des täglichen Bedarfs mit großem Genuss durchexerziert wurden. Pierre Jarawan aus Kirchheim / Teck ließ seinen Ich-Erzähler in Filmzitaten mit der Umwelt kommunizieren und löste damit im filmgeschichtlich versierten Erlangen v.a. beim „Fledermausland“ Mitsprechchöre im Publikum aus. Bernhard Christiansen aus dem niederländischen Utrecht entführte uns in die skurrile Lebenswelt von Eimern und Schaffnern und setzte sich darüber hinaus intensiv mit dem seltsamen Umstand auseinander, dass es ihn jedes Mal sehr emotional berührt, wenn er spontan von fremden Menschen verprügelt wird. Moritz Kienemann aus München verdichtete die Hoffnungen, Ängste und Erwartungen, ja die ganze Lebenswirklichkeit der aktuellen Generation der 20-jährigen in einem einzigen, leidenschaftlich vorgetragenen Spoken-Word-Meisterstück. Der Wuppertaler Patrick Salmen erhob in einem grandiosen Text das Tragen eines Bartes zum Nonplusultra im Leben eines jeden Mannes und verteidigte das bärtige Lebensgefühl mit religiösem Eifer gegen alle eventuellen Anfeindungen.
Selbstverständlich hätten alle Teilnehmer noch mehr zu bieten gehabt und wären durchaus in der Lage gewesen, jeweils ein abendfüllendes Programm auf die Bühne zu bringen, doch das K.O.System siebte nach den manchmal äußerst knappen den Applausdifferenzen der Zuschauer gnadenlos einen nach dem anderen aus. Am Ende standen sich der ebenso konsequent in seiner Rolle bleibende wie unverwechselbare Nico Semsrott und der amtierende deutschsprachige Poetry Slam Meister Patrick Salmen, der im weiteren Verlauf des Wettkampfs ausschließlich selten gehörte ernste Texte vorgetragen hatte, im Finale gegenüber. Nach zwei Applausabstimmungsrunden stand der Sieger fest: Beide!
So gratulieren wir den beiden Gewinnern und bedanken uns bei allen Teilnehmern für einen beeindruckenden, inhaltlich schwergewichtigen Wettstreit der Bühnendichter.
Hinzu kam aber noch ein feines Extraprogramm:
Mit abwechslungsreichen, gefühlvoll und doch beherzt vorgetragenen eigenen Folksongs des Kanadiers Old Seed war für den musikalischen Rahmen gesorgt. Kleines Video zum zurückerinnern oder neu entdecken:
[vimeo]http://vimeo.com/8046736[/vimeo]
In der zweiten Hälfte sorgte zudem der großartige Nils Heinrich mit Kabarett und Comedy – gesprochen, gesungen und gerappt – für etwas Entspannung und Zerstreuung in der fortgeschrittenen Wörterdämmerung des Wettbewerbs. Am besten kam dabei sein Representer-Track der Laktose-Intoleranz-Battlerap-Fraktion an – hier noch einmal zum mitkopfnicken:
[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=zHggaz69HXM[/youtube]
Abschließend ein dickes Dankeschön an alle, die an diesem Abend mitgewirkt bzw. ihn möglich gemacht haben:
Ela, Bremmo, Manuel, Emlie, Nicolas und Jenny vom Orga-Team sowie allen weiteren Helfern, Jörg Engel und dem gesamten E-Werk-Team, dem Kulturamt der Stadt Erlangen und allen, die wegen Altersschwäche der Organisationsleitung hier vergessen worden sind.
Bis zum nächsten Mal, beim Erlanger Poetry Slam am 20.02.2011!
…übrigens, wer noch Plakate vom Jubelslam im Januar möchte, werde das Restkontingent im Februar mitbringen. Können dann oben am Einlass, wahrscheinlich erst ab der Pause, kostenlos eingesackt werden 😉
Grüßle
Eure Ela